Jugendliche fordern Gehör: Hessens Jugendparlament im Dialog mit der Politik

 

Hessen, November 2024. 20 Jugendliche aus verschiedenen Regionen des Bundeslandes haben diese Woche den Hessischen Landtag in Wiesbaden besucht, um ihre Forderungen an die Landesregierung zu übergeben. Dabei ging es um zentrale Zukunftsthemen wie den Klimaschutz, mentale Gesundheit, Mobilität und Migration. Der Austausch steht exemplarisch für eine wachsende Bewegung: Jugendliche, die nicht nur protestieren, sondern konstruktiv an der politischen Gestaltung ihrer Zukunft mitwirken wollen. Doch was passiert mit ihren Forderungen – und welche Hindernisse stehen einer erfolgreichen Umsetzung im Weg?

Das Problem: Engagement ohne Wirkung?

Die Initiative der Jugendlichen ist keine Ausnahme. Seit Jahren formieren sich in Deutschland ähnliche Projekte, bei denen junge Menschen Forderungen an die Politik richten. Dennoch bleibt die Umsetzung ihrer Vorschläge häufig aus. Die Gründe sind vielschichtig. Zum einen überschreiten viele Forderungen die Kompetenzen des Landes – etwa wenn es um kommunalpolitische Entscheidungen geht, wie den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel oder die Gestaltung städtischer Grünflächen. Zum anderen fehlt es oft an klaren, umsetzbaren Konzepten. Forderungen wie „mehr Klimaschutz“ oder „bessere psychologische Versorgung“ bleiben oft vage und können ohne konkrete Pläne nicht in die politische Realität übersetzt werden.

Ein weiteres Hindernis: Die komplexen Mechanismen der politischen Entscheidungsfindung. Selbst gute Vorschläge müssen durch Fachausschüsse, parlamentarische Debatten und häufig über mehrere Behörden hinweg abgestimmt werden. Dieser Prozess ist nicht nur langwierig, sondern führt oft dazu, dass Forderungen an Dringlichkeit verlieren oder in Kompromissen verwässert werden.

Die Lösung: Jugendparlamente als Brücke zwischen Gesellschaft und Politik

Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt „Hessisches Jugendparlament“ ins Leben gerufen, das den Dialog zwischen Jugendlichen und politischen Entscheidungsträgern strukturiert und fördert. Die Idee entstand 2019 auf Initiative von Jugendverbänden und dem Hessischen Ministerium für Soziales und Integration. Gegründet wurde die Initiative von einem Team aus engagierten Pädagogen, Sozialwissenschaftlern und ehemaligen Jugendparlamentariern. Rechtlich ist das Projekt als gemeinnütziger Verein organisiert und wird durch Landesmittel sowie private Fördergelder finanziert.

Mit über 150 aktiven Mitgliedern und einem breiten Netzwerk aus Schulen, Vereinen und politischen Organisationen hat sich das Jugendparlament in den letzten fünf Jahren zu einem wichtigen Sprachrohr für die Belange der jungen Generation entwickelt. Die teilnehmenden Jugendlichen, im Alter zwischen 14 und 21 Jahren, treffen sich regelmäßig, um Themen zu erarbeiten, Experten zu befragen und Forderungen zu formulieren. Besonders innovativ: Jedes Treffen wird von Fachleuten moderiert, die den jungen Teilnehmern helfen, ihre Vorschläge realistisch und umsetzbar zu gestalten.

Erfolgsbeispiele: Wenn Engagement Wirkung zeigt

Trotz der allgemeinen Herausforderungen kann das Projekt auf konkrete Erfolge verweisen. So wurde 2021 ein Vorschlag des Jugendparlaments zur Verbesserung der psychologischen Versorgung von Jugendlichen tatsächlich umgesetzt. Die Forderung nach einer niederschwelligen psychologischen Beratung an Schulen führte zur Einführung eines Pilotprogramms in mehreren hessischen Kommunen. Die Rückmeldungen waren so positiv, dass das Programm inzwischen landesweit ausgerollt wurde.

Ein weiteres Beispiel ist die Einführung eines kostengünstigen Jugendtickets für den öffentlichen Nahverkehr, das auf einer Initiative des Jugendparlaments basiert. Nach mehrmonatigen Verhandlungen konnte das Ticket 2023 flächendeckend eingeführt werden – eine Maßnahme, die nicht nur den Geldbeutel entlastet, sondern auch den Zugang zu Bildung und Freizeitaktivitäten erleichtert.

Die persönliche Geschichte von Leila, einer 17-jährigen Teilnehmerin, zeigt die Bedeutung des Projekts. Als Tochter einer geflüchteten Familie brachte sie eine Forderung zur Verbesserung der Integrationsangebote für junge Migranten ein. Ihr Vorschlag, regelmäßige kulturelle Begegnungstage an Schulen zu organisieren, wurde nicht nur vom Jugendparlament unterstützt, sondern fand auch Eingang in die Arbeit des Kultusministeriums. Inzwischen gibt es in mehreren hessischen Städten Veranstaltungen dieser Art, die Vorurteile abbauen und den Zusammenhalt fördern.

Fazit: Zwischen Idealismus und Realität

Trotz dieser Erfolge bleibt das Jugendparlament ein Projekt, das mit den Widersprüchen politischer Prozesse umgehen muss. Nicht alle Forderungen werden umgesetzt – und nicht alle sind realistisch. Dennoch zeigt die Initiative, dass engagierte junge Menschen durchaus Einfluss nehmen können, wenn sie gut organisiert sind und mit der Politik auf Augenhöhe kommunizieren. Die nächste Herausforderung wird sein, die Reichweite des Projekts weiter auszubauen und noch mehr Jugendliche einzubeziehen.

Quellen:

  • Hessisches Jugendparlament (2024) Projektübersicht und Erfolge. [Online] Verfügbar unter: https://www.hessisches-jugendparlament.de [Zugriff am 8. November 2024].
  • Landtag Hessen (2024) Protokolle der Jugendsitzungen. [Online] Verfügbar unter: https://www.landtag-hessen.de [Zugriff am 8. November 2024].
  • Sozialministerium Hessen (2023) Pilotprojekt zur psychologischen Versorgung von Jugendlichen. [Online] Verfügbar unter: https://www.sozialministerium.hessen.de [Zugriff am 8. November 2024].
  • Müller, S. (2023) „Wie Jugendprojekte die Politik verändern können“, Frankfurter Rundschau. [Online] Verfügbar unter: https://www.fr.de [Zugriff am 8. November 2024].

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