Der Cottbuser Ostsee: Von der Mondlandschaft zur Zukunft der Lausitz

 

In der Lausitz liegt ein Ort, der jahrelang für eines der sichtbarsten Symbole des industriellen Erbes in Deutschland stand – der ehemalige Braunkohletagebau Cottbus-Nord. Einst ein gigantisches Loch, ausgebeutet und leer, blieb nach dem Abbau der Kohle eine karge Landschaft zurück, die aussah wie eine Mondoberfläche. Doch dieses Gebiet soll sich verwandeln, nicht nur in eine der größten künstlichen Seenlandschaften Europas, sondern auch in ein Symbol für die Zukunft der Energiegewinnung und ein ökologisches Modellprojekt. Der Cottbuser Ostsee soll nicht nur Erholungsgebiet und Touristenmagnet werden, sondern auch ein Leuchtturmprojekt für erneuerbare Energien. Hier entsteht eine schwimmende Solaranlage, die nachhaltige Energie in beeindruckendem Maßstab liefern wird. Ein Blick auf das ehrgeizige Projekt und die Herausforderungen, die es zu überwinden gilt.

Das Problem: Ein See als Konsequenz des Strukturwandels

Der Braunkohleabbau war jahrzehntelang das wirtschaftliche Rückgrat der Lausitz. Tief in die Erde gegraben und großflächig abgebaut, hinterließ er gigantische Narben in der Landschaft, die nur schwer zu renaturieren sind. Mit dem beschlossenen Kohleausstieg und der zunehmenden Bedeutung erneuerbarer Energien änderten sich die Prioritäten in der Region jedoch drastisch. Braunkohletagebaue wurden stillgelegt, und es entstand ein dringendes Bedürfnis, die postindustriellen Flächen zu rekultivieren und zu nutzen. Der ehemalige Tagebau Cottbus-Nord ist ein Beispiel für diese Problematik: Ein riesiges, ungenutztes Gebiet, das gefüllt und rekultiviert werden muss, um es einer neuen Nutzung zuzuführen. Doch das Füllen eines solch gewaltigen Sees ist eine Aufgabe, die nicht nur technische und logistische, sondern auch ökologische Herausforderungen mit sich bringt.

Das Projekt steht auch symbolisch für den Strukturwandel in der Region. Die Lausitz ist seit dem Kohleausstieg auf der Suche nach neuen wirtschaftlichen Säulen. Die Frage ist: Wie kann eine Region, die jahrzehntelang auf fossile Energie angewiesen war, sich neu erfinden und gleichzeitig wirtschaftlich und ökologisch tragfähige Modelle entwickeln? Der Cottbuser Ostsee, so die Hoffnung der Initiatoren, könnte eine Antwort auf diese Frage bieten und eine Chance sein, die Lausitz nachhaltig und zukunftsfähig zu gestalten.

Die Lösung: Vom Tagebau zum Solarsee

Die Idee zum Cottbuser Ostsee-Projekt entstand in der Vision einer Gruppe von engagierten Umweltschützern und regionalen Unternehmern, die in Zusammenarbeit mit der Stadt Cottbus und der LEAG (Lausitz Energie Bergbau AG) eine langfristige und nachhaltige Nutzung des Tagebaurestlochs planen wollten. Die Rechtsform des Projekts ist ein öffentlich-privates Partnerschaftsmodell, das es ermöglicht, sowohl staatliche Förderung als auch private Investitionen anzuziehen. Die Pläne begannen bereits in den frühen 2010er Jahren, und nach Jahren der Planung und Genehmigung wurde der erste Schritt zur Umwandlung des Tagebaus in einen See im Jahr 2019 unternommen, als begonnen wurde, das Gebiet zu fluten.

Die Zahlen des Projekts sind beeindruckend: Der Cottbuser Ostsee wird etwa 1.900 Hektar umfassen und damit fast dreimal so groß wie der Berliner Müggelsee sein. Ziel ist es, ein Naherholungsgebiet zu schaffen, das sowohl Einheimische als auch Touristen anzieht und eine wirtschaftliche Perspektive für die Region bietet. Aber der See ist nur die eine Seite des Projekts. Auf der Wasseroberfläche des Sees wird eine riesige Solaranlage installiert, die zu den größten schwimmenden Solarprojekten Europas zählen wird. Sie wird Energie liefern, die das gesamte Cottbuser Stadtgebiet mit Strom versorgen könnte und darüber hinaus als Leuchtturm für die Machbarkeit solcher Projekte in postindustriellen Gebieten dienen soll.

Erfolge und Herausforderungen auf dem Weg

Obwohl das Projekt viel Unterstützung genießt, sind die Herausforderungen erheblich. Die Flutung des ehemaligen Tagebaus hat den Wasserverbrauch in der Region stark belastet und das Ökosystem gefordert. Doch die Initiatoren sind optimistisch. Ein Beispiel für den bisherigen Erfolg ist das Engagement der Anwohner, die zunehmend ihre Hoffnung auf das Projekt setzen und sogar ehrenamtlich beim Erhalt und der Entwicklung des Geländes mitarbeiten. Eine Anekdote beschreibt, wie Anwohner und ehemalige Kohlearbeiter gemeinsam Bäume am Ufer pflanzten, um das Ökosystem des zukünftigen Sees zu stützen – ein kraftvolles Symbol für den Strukturwandel.

Die Stadt Cottbus und die LEAG setzen zudem auf innovative Technologien, um die Solaranlage sicher und effizient zu betreiben. Schwimmende Solarzellen haben den Vorteil, dass sie die Wasseroberfläche kühlen, was die Effizienz der Solarzellen erhöht und gleichzeitig die Verdunstung des Sees reduziert. Das Konzept der schwimmenden Solarenergie ist neu und innovativ in Deutschland und könnte Vorbildcharakter für andere Regionen haben, die ebenfalls vor der Herausforderung stehen, alte Tagebaue umweltfreundlich und nachhaltig zu nutzen.

Auch touristisch gibt es bereits erste Erfolgsgeschichten. Ein kleines Café am zukünftigen Seeufer, eröffnet von einer ehemaligen Tagebau-Arbeiterin, zieht bereits Besucher aus der gesamten Region an, die die Entwicklung des Sees mit eigenen Augen sehen wollen. Die Erwartungen sind hoch, dass der Cottbuser Ostsee langfristig nicht nur Erholungssuchende, sondern auch Naturfreunde, Wassersportler und Energie-Interessierte anzieht und damit einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Zukunft der Region leistet.

Quellen

  • LEAG (2023). Die Lausitz im Wandel: Der Cottbuser Ostsee als Zukunftsmodell. Verfügbar unter: https://www.leag.de/projekte/cottbuser-ostsee/
  • Stadt Cottbus (2023). Projekt Cottbuser Ostsee: Fakten und Zahlen. Verfügbar unter: https://www.cottbus.de/de/cottbuser-ostsee/projekt/
  • Umweltbundesamt (2023). Schwimmende Solaranlagen in Deutschland: Chancen und Herausforderungen. Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/schwimmende-solarenergie
  • Lausitzer Rundschau (2022). Vom Braunkohleloch zum Touristenmagnet: Der Cottbuser Ostsee entsteht. Verfügbar unter: https://www.lr-online.de

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