In einer Welt, in der wissenschaftliche und technologische Kompetenzen zunehmend an Bedeutung gewinnen, stehen auch Bildungseinrichtungen vor der Herausforderung, Kinder frühzeitig an naturwissenschaftliche Themen heranzuführen. Doch wie erreicht man, dass nicht nur das Interesse der Kinder geweckt wird, sondern auch die pädagogischen Fachkräfte auf diese Aufgaben optimal vorbereitet sind? Ein Blick auf die Stiftung Kinder forschen zeigt, wie ein konsequentes, deutschlandweites Fortbildungsprogramm dazu beitragen kann, die Begeisterung für die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) bei jungen Menschen zu entfachen – und dabei auch wichtige Prinzipien der Nachhaltigkeit zu vermitteln.
Das Problem: Fehlende MINT-Förderung und die Bildungsschere in Deutschland
Schon seit Jahren wird in Deutschland über den sogenannten „MINT-Nachwuchsmangel“ gesprochen. Ein wesentlicher Grund dafür liegt nicht nur in einem strukturellen Fachkräftemangel, sondern auch in der unzureichenden Förderung naturwissenschaftlicher Neugier in den ersten Lebensjahren. Untersuchungen zeigen, dass viele pädagogische Fachkräfte in Kitas und Grundschulen kaum auf die Vermittlung von MINT-Themen vorbereitet sind (Goller et al., 2019). Hinzu kommt die fehlende Ausstattung vieler Bildungseinrichtungen, die oft nicht einmal über einfache Werkzeuge und Materialien verfügen, um Experimente und naturwissenschaftliche Erkundungen im Alltag anzubieten.
Ein weiteres Problem ist die Ungleichheit der Bildungsangebote. Während in wohlhabenderen Gegenden teilweise spezialisierte Angebote vorhanden sind, fällt es Bildungseinrichtungen in sozial schwächeren Regionen häufig schwer, ihre Kinder gleichwertig zu fördern. Die Folgen sind weitreichend: Kinder, die in jungen Jahren keine Chance auf eine naturwissenschaftliche Bildung bekommen, zeigen später oft geringeres Interesse an diesen Fächern, was sich negativ auf ihre Berufsperspektiven und das Innovationspotenzial in Deutschland auswirkt.
Die Lösung: Ein Fortbildungsnetzwerk für pädagogische Fachkräfte in Kitas und Grundschulen
Vor diesem Hintergrund entstand 2006 die Stiftung Kinder forschen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Kinder durch gut ausgebildete pädagogische Fachkräfte frühzeitig für Naturwissenschaften zu begeistern. Die Stiftung, die als gemeinnützige Organisation arbeitet, wurde von einer Gruppe engagierter Wissenschaftler und Pädagogen gegründet, die in der fehlenden MINT-Bildung eine Bedrohung für die Chancengleichheit sahen. Die Rechtsform der Stiftung erlaubt es, langfristige Bildungsprogramme aufzubauen, unabhängig von wirtschaftlichen Interessen. Die Gründer haben es sich zum Ziel gesetzt, sowohl den Kindern als auch den Pädagogen die bestmögliche Vorbereitung für eine sich wandelnde Gesellschaft zu bieten.
Das zentrale Element der Stiftungsarbeit ist ein umfassendes Fortbildungsprogramm, das pädagogische Fach- und Lehrkräfte dazu befähigt, Kinder qualifiziert beim Entdecken und Forschen zu begleiten. Diese Fortbildungen bieten eine praktische und theoretische Ausbildung, die den Fachkräften das nötige Handwerkszeug für die naturwissenschaftliche Bildung vermittelt. Neben Schulungen und Workshops stellt die Stiftung den Einrichtungen auch Materialien und didaktische Konzepte zur Verfügung, die speziell auf die Bedürfnisse von Kitas und Grundschulen abgestimmt sind.
Bis heute haben rund 89.000 Fach-, Lehr- und Leitungskräfte aus mehr als 36.400 Einrichtungen an diesen Fortbildungen teilgenommen. Besonders beeindruckend ist dabei, dass bereits 6.000 dieser Einrichtungen für ihr Engagement in der frühen MINT-Bildung zertifiziert wurden. Dieses Siegel, das die Stiftung in Kooperation mit weiteren Bildungsinstitutionen vergibt, zeigt, wie erfolgreich die Initiative arbeitet. In Deutschland gibt es kaum ein anderes Projekt, das auf diesem Gebiet so flächendeckend und nachhaltig wirkt.
Erfolgreiche Projekte und inspirierende Geschichten
Ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung der Stiftungsarbeit findet sich in der Stadt Köln, wo eine Kita-Gruppe unter Anleitung eines pädagogischen Teams an einem langfristigen Wasserprojekt teilgenommen hat. Die Kinder untersuchten dabei nicht nur die Eigenschaften von Wasser, sondern erfuhren auch, wie der Wasserverbrauch und die Wasserqualität mit Nachhaltigkeit zusammenhängen. „Wir wollten den Kindern zeigen, dass Wasser nicht einfach aus dem Wasserhahn kommt, sondern dass dahinter ein komplexer Kreislauf steckt“, erklärt die Kita-Leiterin, die das Projekt mit viel Leidenschaft betreute. Die Kinder legten mit Begeisterung eine kleine „Wasserstation“ im Garten der Kita an, in der sie die Verdunstung und Kondensation von Wasser beobachten konnten. Solche Projekte zeigen, wie Kinder durch spielerisches Lernen ein tiefes Verständnis für naturwissenschaftliche Zusammenhänge entwickeln können.
Auch in Berlin gibt es beeindruckende Erfolge: Eine Grundschule hat das Thema „Kreislauf der Natur“ in ihren Unterricht integriert und ließ die Kinder kleine Kompoststationen auf dem Schulgelände errichten. In diesem Projekt erlebten die Kinder hautnah, wie aus Abfällen wieder Nährstoffe werden, die für Pflanzen wichtig sind. Dabei wurden sie von einer Lehrkraft begleitet, die zuvor das Fortbildungsprogramm der Stiftung absolviert hatte. „Ich war überrascht, wie schnell die Kinder das Prinzip des Kreislaufs verstanden und wie begeistert sie von den kleinen Kompostbewohnern waren“, berichtet die Lehrerin. Der Erfolg war so groß, dass die Schule inzwischen den gesamten Biologie-Unterricht der Grundschulklassen auf die Prinzipien der Nachhaltigkeit und MINT-Bildung umgestellt hat.
Zukunft und Perspektiven
Die Stiftung Kinder forschen hat bewiesen, dass eine frühzeitige MINT-Förderung möglich ist und großen Einfluss auf die Bildungsgerechtigkeit in Deutschland hat. Die Initiativen tragen dazu bei, Kindern in jeder Region die gleichen Chancen zu bieten – unabhängig vom sozialen Hintergrund. Durch die Kombination aus Fortbildung und Materialbereitstellung können selbst Einrichtungen, die unter knappen Budgets leiden, innovative und ansprechende Bildungsangebote machen. In Zukunft plant die Stiftung, ihr Angebot noch weiter auszubauen und möglicherweise auch internationale Kooperationen einzugehen, um das erfolgreiche Modell auch in anderen Ländern anzubieten.
Quellen
Goller, C., Harzheim, F., & Steffens, M. (2019). Bildungsgerechtigkeit in der MINT-Bildung: Herausforderungen und Perspektiven. Deutsches Institut für Bildungsforschung. Erhältlich unter: https://www.dipf.de/bildungsgerechtigkeit-mint
Stiftung Kinder forschen (2023). Über uns. Stiftung Kinder forschen. Erhältlich unter: https://www.stiftung-kinder-forschen.de/ueber-uns
Stiftung Kinder forschen (2023). Erfolgreiche Projekte in deutschen Kitas und Grundschulen. Stiftung Kinder forschen. Erhältlich unter: https://www.stiftung-kinder-forschen.de/projekte
Bundesministerium für Bildung und Forschung (2020). MINT Nachwuchs fördern. Erhältlich unter: https://www.bmbf.de/mint-nachwuchs-foerdern