Sauberes Wasser, das für uns so selbstverständlich ist, bleibt für Millionen Menschen ein unerreichbarer Luxus. Rund zwei Milliarden Menschen weltweit leben ohne sicheren Zugang zu Trinkwasser, was besonders in ländlichen Regionen des Globalen Südens bittere Realität ist. Die Ursachen sind vielfältig: fehlende Infrastruktur, verschmutzte Quellen, schlechte Wasserqualität und eine zunehmende Belastung durch Klimawandel und Umweltzerstörung. Es sind meist abgelegene, wirtschaftlich benachteiligte Regionen, die keine Wasseraufbereitungsanlagen besitzen und deren Bevölkerung auf verschmutztes Wasser angewiesen ist, was verheerende gesundheitliche Folgen hat. Verschiedene Krankheiten, darunter Cholera, Typhus und Hepatitis, werden durch unsauberes Wasser übertragen und fordern jedes Jahr zahllose Leben.
Besonders in Krisen- und Katastrophengebieten ist der Zugang zu Trinkwasser oft in wenigen Augenblicken unterbrochen. Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überschwemmungen zerstören oft Wasserquellen und Infrastrukturen, und in Konfliktregionen wird die Versorgung durch Kämpfe, politische Instabilität und Blockaden gefährdet. Die Menschen in diesen Regionen stehen dann vor einer lebensbedrohlichen Herausforderung. Doch die Vision einer Welt, in der jeder Zugang zu sauberem Wasser hat, motiviert zahlreiche Unternehmer und Innovatoren weltweit. Hier kommt die Idee der dezentralen Wasserreinigungssysteme ins Spiel.
Das Projekt: Kleine Wunderwerke der Wasseraufbereitung
Eine Gruppe von Ingenieuren und Sozialunternehmern – ein bunter Zusammenschluss aus Entwicklungshelfern, Ingenieuren, Designern und Start-up-Experten – hat sich in Berlin zusammengefunden, um diesem Problem entgegenzutreten. Sie gründeten vor fünf Jahren das Sozialunternehmen „PureFlow“, das auf die Entwicklung und Verbreitung kleiner, mobiler Wasseraufbereitungssysteme spezialisiert ist. Gegründet von den Wassertechnikern Michael Schmid und Nina Müller, die zuvor für verschiedene NGOs in Ostafrika und Südasien tätig waren, ist PureFlow mittlerweile ein kleines, aber stetig wachsendes Unternehmen. Das Team zählt mittlerweile 20 Mitarbeiter und arbeitet interdisziplinär, mit Experten für Wassertechnik, Solarenergie und Krisenmanagement. Der Unternehmenssitz in Berlin bietet ihnen Zugang zu wichtigen Netzwerken im Bereich der sozialen Innovation und zu finanziellen Fördermitteln.
PureFlow entschied sich bewusst für die Rechtsform der gemeinnützigen GmbH (gGmbH), um sicherzustellen, dass die Gewinne reinvestiert werden und nicht nur Aktionäre davon profitieren. Das Unternehmen bezieht Kapital aus staatlichen Förderungen, Crowdfunding und privaten Spenden. Ziel ist es, erschwingliche, robuste und vor allem autarke Wasseraufbereitungssysteme zu entwickeln, die auch unter extremen Bedingungen zuverlässig funktionieren. Ein besonderes Highlight: Die Geräte sind vollständig solarbetrieben und können unabhängig von Stromnetzen betrieben werden.
Technologie für die Menschen: Die Funktionsweise von PureFlows Systemen
Das Prinzip der dezentralen Wasseraufbereitung beruht auf einer Kombination aus Filtertechnologie und UV-Desinfektion. Die kleinen Wasserfilter von PureFlow können direkt an Seen, Flüssen oder Brunnen aufgestellt werden und filtern Schmutzpartikel sowie Bakterien und Viren heraus. Ein eingebauter UV-Strahler tötet die restlichen Mikroorganismen ab, sodass am Ende des Prozesses sicheres Trinkwasser in einem speziellen Auffangbehälter gesammelt wird. Der Clou: Das System arbeitet mit Solarenergie, was es besonders für Regionen mit hoher Sonneneinstrahlung ideal macht. Die Module sind kompakt und leicht, sodass sie ohne großen Aufwand transportiert werden können und innerhalb weniger Minuten einsatzbereit sind. Ein wichtiger Punkt in Krisenregionen, in denen Flexibilität und Schnelligkeit oft über Leben und Tod entscheiden.
Ein großer Durchbruch für PureFlow war die Entwicklung der „PureBox“, einer Wasseraufbereitungsanlage im Kofferformat, die leicht zu transportieren und ohne technische Vorkenntnisse einsetzbar ist. Die „PureBox“ wurde speziell für den Einsatz in Flüchtlingslagern und Krisengebieten entwickelt. Die Ingenieure von PureFlow setzen auf eine einfache Handhabung und robuste Materialien, die den extremen Bedingungen in Krisenregionen standhalten.
Erfolge und Anekdoten: Geschichten von Menschen, die dank PureFlow überleben
Die ersten Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Im Jahr 2021 kam die „PureBox“ während einer schweren Überschwemmung in Bangladesch zum Einsatz. Innerhalb weniger Stunden konnte das Team vor Ort mit Unterstützung von PureFlow das System installieren und sauberes Wasser für mehrere Hundert Menschen bereitstellen. Viele Dorfbewohner berichteten, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben ohne Sorge vor Krankheiten Wasser trinken konnten. Die Dankbarkeit der Menschen war überwältigend, und das Team von PureFlow erlebte aus erster Hand, wie ihre Technik Leben rettete.
Ein weiterer Meilenstein war der Einsatz in einem abgelegenen Dorf in Tansania, in dem die Bewohner nur Zugang zu einem verschmutzten Fluss hatten. Eine Hilfsorganisation brachte drei „PureBox“-Systeme in das Dorf und installierte sie entlang des Flusses. Die Bewohner waren zunächst skeptisch – die Geräte wirkten zu futuristisch und versprachen ein Wunder, das für viele unvorstellbar schien. Doch nach wenigen Tagen wurden die Systeme von den Dorfbewohnern akzeptiert und regelmäßig genutzt. Ein Dorfbewohner, der fünf Kinder hat, berichtete später in einem Interview: „Zum ersten Mal müssen wir nicht stundenlang nach Wasser suchen und können es sicher trinken.“ Diese Geschichte ging durch verschiedene Medien und brachte PureFlow neue Unterstützer und Spendengelder.
Ausblick und Herausforderungen
PureFlow plant, in den nächsten Jahren weiter zu wachsen und ihre Technologie zu verbessern. Die Herausforderung besteht darin, die Produktionskosten weiter zu senken, um das System für noch mehr Menschen zugänglich zu machen. Auch die Logistik bleibt eine Herausforderung, insbesondere in entlegenen Regionen ohne ausgebaute Transportwege. Doch das Team ist zuversichtlich und arbeitet bereits an neuen Projekten mit Partnern in verschiedenen Teilen Afrikas und Asiens. Es ist eine Vision, die zeigt, dass selbst kleine Teams mit klugen Ideen und dem richtigen Engagement die Welt verändern können.
Quellenangaben
World Health Organization 2022, 1 in 3 people globally do not have access to safe drinking water, WHO, viewed 3 November 2024, https://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/drinking-water.
United Nations 2022, The impact of water crises on vulnerable communities, United Nations, viewed 3 November 2024, https://www.un.org/en/water-crisis-impact.
PureFlow 2023, About Us, PureFlow, viewed 3 November 2024, https://pureflow.org/about.
Global Water Partnership 2022, Water and sanitation challenges in rural areas, GWP, viewed 3 November 2024, https://www.gwp.org/en/learn/water-and-sanitation-rural-areas.