„Lokale Kulturarchive Digitalisieren“ – Bewahren und Teilen von Geschichte für die Zukunft

Das Problem: Verborgene Schätze und bröckelnde Erinnerungen

In Kellern, kleinen Stadtarchiven und verstaubten Bibliotheksräumen schlummern wahre Schätze der Geschichte – und doch bleiben sie oft verborgen. Alte Fotografien, handschriftliche Dokumente, Tagebücher, Baupläne oder auch Briefe aus vergangenen Jahrhunderten erzählen Geschichten über die Ursprünge und Entwicklungen unserer Städte und Gemeinden. Diese Artefakte sind oft die einzigen Zeugnisse der lokalen Geschichte, die von den großen Erzählungen und nationalen Archiven kaum erfasst wird. Sie sind Fragmente, die das tägliche Leben vergangener Generationen dokumentieren, ihre Hoffnungen und Sorgen.

Doch diese Relikte sind bedroht. Zeit, Lagerungsbedingungen und das Vergessen nagen an ihnen. Besonders in kleineren Gemeinden fehlt häufig das Budget oder das Wissen, um solche historischen Schätze angemessen zu konservieren. Manche Dokumente drohen zu zerfallen, bevor sie überhaupt entdeckt werden. Auch wenn lokale Archive ihre Materialien katalogisieren, sind diese Sammlungen meist nur vor Ort zugänglich und oft nur für Historiker oder eingeschränkte Personenkreise einsehbar. Für die breite Öffentlichkeit sind sie kaum sichtbar – und damit auch das Wissen um die lokale Geschichte, das Verständnis für die Wurzeln und Eigenheiten eines Ortes.

Die Digitalisierung dieser Kulturschätze könnte jedoch eine Lösung sein. Sie bietet die Möglichkeit, diese Artefakte für zukünftige Generationen zu bewahren und sie gleichzeitig einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Doch wie könnte ein solches Projekt konkret aussehen? Und wer könnte es auf die Beine stellen? Hier kommt das Projekt „Lokale Kulturarchive Digitalisieren“ ins Spiel.

Die Lösung: Das Projekt „Lokale Kulturarchive Digitalisieren“ – Zugang zur Geschichte für alle

Das Projekt „Lokale Kulturarchive Digitalisieren“ wurde von einem kleinen, aber ambitionierten Team historisch interessierter Bürger ins Leben gerufen. Die Gründerin, Dr. Miriam Tesch, selbst Historikerin und Archivar in München, erkannte während ihrer Arbeit die Notwendigkeit, historische Dokumente digital zugänglich zu machen. Sie war es leid, dass wertvolle Bestände kleiner Stadtarchive langsam vor sich hin verfielen, ohne dass jemand daran teilhaben konnte. Gemeinsam mit ihrem Partner Max Brunner, einem ehemaligen Software-Entwickler und Digitalisierungsenthusiasten, gründete sie das Projekt 2019. Das Team entschied sich für eine gemeinnützige GmbH als Rechtsform, um die nötige Flexibilität bei der Finanzierung durch Fördermittel und Spenden zu behalten, ohne in eine gewinnorientierte Struktur zu geraten.

Zu Beginn war das Team klein – nur Dr. Tesch und Max Brunner, die sich privat finanzierten und anfangs im Wohnzimmer erste Dokumente digitalisierten. Mittlerweile ist das Team jedoch auf zehn feste Mitarbeiter angewachsen und kann auf zahlreiche ehrenamtliche Helfer zählen, die das Projekt mit Leidenschaft unterstützen. Die gemeinnützige GmbH arbeitet mittlerweile eng mit kleinen Archiven, Bibliotheken und lokalen Geschichtsvereinen in verschiedenen Städten Deutschlands zusammen. Die Idee, gemeinsam die lokalen Kulturgüter zu retten und online zugänglich zu machen, hat einen Nerv getroffen und zieht stetig neue Partner und Unterstützer an.

Einblicke in die Arbeit: Erfolge und Herausforderungen

„Lokale Kulturarchive Digitalisieren“ konnte bereits in einigen Städten beeindruckende Projekte umsetzen. Ein Highlight war die Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv von Bad Tölz, einer kleinen bayerischen Stadt, die auf eine lange Geschichte zurückblickt. Dr. Tesch erinnert sich mit einem Schmunzeln an den ersten Besuch im Keller des Archivs, als sie und Max Brunner auf eine nahezu unberührte Sammlung alter Fotografien stießen. „Das war wie Weihnachten,“ sagt sie. Die Fotografien stammten aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und zeigten das Leben im Tölzer Umland – Bauernhöfe, Markttage, traditionelle Trachten. Einige der Bilder waren bereits vom Schimmel befallen und drohten unrettbar verloren zu gehen.

Die Mitarbeiter des Stadtarchivs waren zunächst skeptisch, ob die Digitalisierung dieser Bestände wirklich nötig sei. Doch schon nach den ersten Erfolgen, als alte Bilder restauriert und in brillanter digitaler Qualität auf einer eigens eingerichteten Website für die Öffentlichkeit sichtbar wurden, war das Team überzeugt. Heute verzeichnet die Plattform für die Tölzer Sammlung regelmäßig Zugriffe von Historikern, Schülern und interessierten Laien aus ganz Deutschland. Für die Einwohner von Bad Tölz wurde die Plattform zu einer Art digitalem Museum, auf das sie stolz sind und das sie als Teil ihrer Identität empfinden.

Wertvolle Lehren und Weiterentwicklung

Die Arbeit in Bad Tölz war ein Meilenstein für das Projekt „Lokale Kulturarchive Digitalisieren“. Der Erfolg machte deutlich, dass es eine große Nachfrage nach digitalisierten, lokal zugänglichen Kulturgütern gibt. Die Resonanz aus der Bevölkerung war enorm, und viele Menschen begannen, die Initiative zu unterstützen. Heute bietet das Projekt auch Schulungen für ehrenamtliche Helfer an, in denen diese lernen, wie man Dokumente und Fotos fachgerecht scannt, archiviert und auf der Plattform präsentiert.

Besonders erfolgreich war eine Kooperation mit einer lokalen Schule, bei der Schüler im Rahmen eines Projekts alte Postkarten und Briefe digitalisierten, die das Alltagsleben in Bad Tölz während des Zweiten Weltkriegs dokumentieren. Die Schüler fanden sich nicht nur in der Rolle der Archivare wieder, sondern schafften mit ihrer Arbeit einen Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Dr. Tesch beschreibt dieses Erlebnis als besonders bewegend: „Es hat gezeigt, dass die jüngere Generation nicht nur Konsumenten dieser Inhalte sein muss, sondern auch aktiv an der Gestaltung und Bewahrung unserer Geschichte teilnehmen kann.“

Für die Zukunft plant das Team, eine deutschlandweite Plattform zu etablieren, die lokalhistorische Archive vernetzt und die Zugänglichkeit der regionalen Geschichte erleichtert. Dr. Tesch und Max Brunner haben sich damit ein großes Ziel gesetzt, doch die bisherigen Erfolge und die große Unterstützung aus der Bevölkerung lassen sie optimistisch in die Zukunft blicken.

Quellen

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