Der Kreislauf für Elektroschrott: Rohstoffe zurückgewinnen, die Umwelt schützen, Jobs schaffen

Die Elektronikbranche ist eine der treibenden Kräfte der modernen Wirtschaft. Vom Smartphone über den Laptop bis hin zu smarten Haushaltsgeräten – elektronische Produkte durchdringen jeden Aspekt unseres Alltags und schaffen Verbindungen, von denen vor wenigen Jahrzehnten noch niemand zu träumen gewagt hätte. Doch diese digitale Revolution hat eine Kehrseite: den Elektroschrott. Die Menge an weggeworfenen Elektrogeräten wächst rapide und stellt eine der größten Herausforderungen unserer Zeit dar. Jedes Jahr fallen weltweit etwa 50 Millionen Tonnen Elektroschrott an – eine Zahl, die Experten zufolge bis 2030 auf mehr als 74 Millionen Tonnen steigen könnte.

Das Problem: Von Ressourcenknappheit bis Umweltzerstörung

Der Elektroschrott selbst ist nicht nur ein gigantisches Müllproblem, sondern auch ein ökologisches Desaster. Elektrogeräte enthalten wertvolle Rohstoffe wie Gold, Silber, Kupfer und seltene Erden, die durch Mining – oft unter prekären Bedingungen – aus der Erde geholt werden. Ein Smartphone etwa enthält kleine Mengen dieser wertvollen Rohstoffe, die sich weltweit auf hunderte von Tonnen summieren. Die Extraktion dieser Metalle und Mineralien führt zu massiven Umweltauswirkungen. Wälder werden abgeholzt, Böden kontaminiert, und nicht selten gefährdet der Abbau in Schwellenländern das Leben der Arbeiter.

Elektroschrott, der nicht recycelt wird, landet oft auf wilden Deponien in Afrika oder Asien, wo er unter katastrophalen Bedingungen entsorgt wird. Kinder und Jugendliche durchsuchen diese Müllberge nach verwertbaren Materialien, die sie in brennenden Reifen schmelzen, um die Metalle freizulegen. Dies setzt hochgiftige Dämpfe frei und verseucht Boden und Grundwasser.

Das Projekt: Ein Kreislaufsystem für Elektroschrott

Um dieser Problematik zu begegnen, haben sich engagierte Umweltwissenschaftler und Technologen zusammengeschlossen, um ein Projekt zur Einführung eines umfassenden Kreislaufsystems für Elektroschrott zu entwickeln. Gegründet wurde das Projekt von GreenTech Solutions, einer innovativen Start-up-Initiative, die 2019 in Berlin von der ehemaligen Umweltaktivistin Maria Müller und dem Maschinenbauingenieur Jonas Richter ins Leben gerufen wurde. Die Rechtsform der Organisation ist eine gemeinnützige GmbH, die es ihnen ermöglicht, sowohl wirtschaftliche als auch soziale Ziele zu verfolgen.

GreenTech Solutions hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein Netzwerk von Recyclingzentren und -stationen aufzubauen, das nicht nur für die Sammlung von Elektroschrott verantwortlich ist, sondern auch eine vollständige Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe ermöglicht. Die Gründer entwickelten eine spezielle, automatisierte Technologie zur Aufbereitung von Elektroschrott, die nicht nur Metalle wie Kupfer, Silber und Gold extrahieren kann, sondern auch seltene Erden wie Neodym oder Dysprosium zurückgewinnt, die in modernen Elektronikgeräten essenziell sind. Die Idee dahinter: Diese recycelten Rohstoffe sollen der Industrie wieder zur Verfügung gestellt werden, um die Abhängigkeit von Primärressourcen zu verringern und die Umweltbelastungen des Minings zu minimieren.

Wie das Projekt funktioniert

GreenTech Solutions hat in Berlin das erste Pilotzentrum eröffnet, in dem ausgediente Elektrogeräte aus ganz Deutschland gesammelt und verarbeitet werden. Konsumenten können ihre alten Geräte entweder über Sammelstellen in Elektronikfachgeschäften oder bei kommunalen Entsorgungsbetrieben abgeben. Die gesammelten Geräte werden dann in einem zentralen Recyclingwerk auf mechanische und chemische Weise getrennt. In einem automatisierten Prozess werden die wertvollen Materialien extrahiert, gereinigt und für die Wiederverwendung in der Elektronikindustrie aufbereitet.

Ein zentrales Element des Projekts ist die Kooperation mit der Industrie. Hersteller werden durch spezielle Anreize dazu ermutigt, auf recycelte Materialien zu setzen und diese in ihre Produktionsprozesse einzubinden. GreenTech Solutions verhandelt hierzu mit großen Technologieunternehmen, die zunehmend Druck von Verbrauchern und Investoren spüren, umweltfreundlichere Produktionsmethoden einzusetzen. Durch den Austausch und das Vertrauen zwischen diesen Akteuren wird die Kreislaufwirtschaft für Elektroschrott Schritt für Schritt zur Realität.

Erste Erfolge und die Geschichte eines Umdenkens

Eine besondere Erfolgsgeschichte des Projekts konnte GreenTech Solutions bereits im Jahr 2021 verbuchen, als sie einen ersten Vertrag mit einem bekannten deutschen Smartphone-Hersteller abschlossen. Der Hersteller, bekannt für sein Engagement für Nachhaltigkeit, entschied sich, recyceltes Kupfer und Aluminium in seine Geräte zu integrieren. Dadurch wurden nicht nur tausende Tonnen Primärressourcen eingespart, sondern auch die CO₂-Bilanz des Unternehmens deutlich verbessert.

Maria Müller erinnert sich noch gut an die Verhandlungen: „Es war eine Herausforderung, die Vorstände zu überzeugen. Am Ende gaben die Zahlen den Ausschlag. Recyceltes Kupfer ist nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch preiswerter.“ Dieses Beispiel zeigt, wie Nachhaltigkeit und wirtschaftliches Interesse Hand in Hand gehen können.

Ein anderes Beispiel für den Erfolg des Projekts ist die internationale Expansion des Kreislaufsystems. Auf Anfragen aus anderen Ländern reagierte GreenTech Solutions 2022 mit der Eröffnung eines weiteren Recyclingzentrums in Polen, das nun Elektroschrott aus Osteuropa aufbereitet. In einer kleinen Stadt bei Warschau wurde eine stillgelegte Fabrik wieder in Betrieb genommen und auf modernste Recyclingtechnologie umgerüstet. Die Ansiedlung brachte der Region dringend benötigte Arbeitsplätze, und das Unternehmen plant, in den nächsten Jahren seine Kapazitäten weiter auszubauen.

Ein Mitarbeiter in Polen erzählt stolz, wie skeptisch die Einwohner zunächst gegenüber dem Projekt waren. „Es war schwer vorstellbar, dass die Berge ausgedienter Smartphones, die uns die Menschen brachten, tatsächlich in neue Geräte eingebaut werden könnten. Heute verstehen sie den Wert unserer Arbeit und bringen sogar Freunde und Verwandte mit ihren alten Handys.“

Ein Blick in die Zukunft

GreenTech Solutions zeigt, dass die Kreislaufwirtschaft nicht nur ein theoretisches Konzept ist, sondern in der Praxis erfolgreich funktionieren kann. Das Ziel ist, die Recyclingquote in den nächsten fünf Jahren zu verdoppeln und eine internationale Plattform zu schaffen, die es weiteren Ländern ermöglicht, an dem System teilzuhaben. Diese Plattform wird digitale Tools enthalten, die es Herstellern und Konsumenten erlauben, ihre Entsorgungswege transparent nachzuverfolgen und somit ein höheres Bewusstsein für Elektroschrott zu schaffen.

Ein derart umfassendes Kreislaufsystem für Elektroschrott könnte zu einer Revolution in der Elektronikbranche führen. Und mit GreenTech Solutions als Vorreiter scheint diese Revolution in greifbare Nähe zu rücken. Das Projekt ist ein Hoffnungsschimmer für die Zukunft und zeigt, dass Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Erfolg kein Widerspruch sein müssen, sondern eine neue Form von Symbiose bilden können.

Quellen

  • Baldé, C.P., et al. (2017) The Global E-waste Monitor 2017. United Nations University (UNU), International Telecommunication Union (ITU) & International Solid Waste Association (ISWA). https://globalewastemonitor.org/
  • EESC (2020) *Opinion of the European Economic and Social Committee on ‘Towards a stronger Circular Economy’. European Union. https://www.eesc.europa.eu/
  • WEEE Forum (2021) WEEE Collection and Recycling Data Report 2021. https://weee-forum.org/
  • UNEP (2019) Perspectives on Sustainable Resources Recovery and Recycling from Waste to Resources. United Nations Environment Programme. https://wedocs.unep.org/

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