Das Plastik-Bike: Wie zwei Erfinder aus Köln die Zukunft des urbanen Fahrrads neu definieren

Das Problem: Rost und Wartungsbedarf im urbanen Fahrradmarkt

Fahrräder sind im urbanen Raum nicht mehr wegzudenken. Sie ermöglichen es, Staus zu umgehen, fördern die körperliche Fitness und sind umweltschonend. Doch Stadtbewohner, die ihr Fahrrad täglich nutzen, stoßen oft auf ein altbekanntes Problem: Verschleiß und Rost. Besonders in dicht besiedelten Städten bleibt für viele nur die Möglichkeit, ihr Fahrrad im Freien abzustellen, wo es Wind und Wetter ausgesetzt ist. Regen und Schnee setzen dem Metall zu, es rostet und verliert an Stabilität. Die Folge: hohe Wartungskosten und häufige Reparaturen.

Zudem wird in der Fahrradindustrie nach wie vor stark auf Metall gesetzt. Die Herstellung und Verarbeitung von Stahl und Aluminium, die in Rahmen und Komponenten zum Einsatz kommen, verbraucht erhebliche Ressourcen. Recyclingstrukturen sind in der Fahrradbranche noch nicht flächendeckend etabliert. Ein ausgedientes Fahrrad landet oft auf dem Müll und wird nicht vollständig verwertet. Die Umweltbelastung durch Materialverschwendung und Produktionsprozesse ist entsprechend hoch.

Hier setzen Sven Terhardt und Frank Blase an, zwei Kölner Unternehmer mit einer zukunftsweisenden Idee. Mit einem Fahrrad, das nicht nur wetterbeständig, sondern auch nachhaltig und wartungsarm ist, wollen sie das Problem an der Wurzel packen und eine Alternative zu herkömmlichen Bikes bieten.

Das Projekt: Die Vision des nachhaltigen Plastik-Bikes

Sven Terhardt und Frank Blase gründeten ihr Unternehmen Plas-Bike GmbH im Jahr 2021 in Köln. Die Firma agiert als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und hat aktuell zehn Mitarbeiter, darunter Ingenieure und Materialwissenschaftler, die an der ständigen Weiterentwicklung des Fahrrads arbeiten. Das Ziel des Start-ups ist klar definiert: ein wartungsfreies, rostfreies und gleichzeitig umweltfreundliches Fahrrad zu entwickeln. Dafür setzen Terhardt und Blase auf recycelten Kunststoff.

Die Idee hinter dem Plastik-Bike entstand aus einer gemeinsamen Überzeugung: Terhardt, ein passionierter Umweltschützer, sah das enorme Potenzial von recyceltem Plastik als Alternative zu Metall in der Fahrradproduktion. Blase, selbst seit vielen Jahren in der Kunststoffverarbeitung tätig, erkannte schnell, dass Kunststoff in der Lage ist, die notwendige Stabilität und Flexibilität zu bieten – und das ganz ohne Rost und mit minimalem Wartungsaufwand.

„Wir wollten ein Produkt schaffen, das langlebig, wartungsarm und vollständig recycelbar ist“, erklärt Blase. Der Entwicklungsprozess war anspruchsvoll, denn das Team musste zunächst die technischen Herausforderungen eines stabilen Kunststoffrahmens lösen. Der Kunststoff wird aus recycelten Materialien gewonnen, die später zu einem Rahmen verarbeitet werden, der stark genug ist, um den Anforderungen des urbanen Verkehrs standzuhalten.

Kreislaufwirtschaft: Das Pfand-System als nachhaltiges Modell

Ein weiteres zentrales Element des Projekts ist das Pfand-System, das die beiden Gründer ins Leben gerufen haben. Nutzer können ihr Fahrrad am Ende der Lebensdauer gegen eine geringe Prämie zurückgeben. Der Rahmen und alle Kunststoffteile werden dann in einem speziellen Verfahren recycelt und für die Herstellung neuer Fahrräder wiederverwendet. So entsteht ein geschlossener Kreislauf, der die Produktion von Neuplastik vermeidet und den Rohstoffverbrauch minimiert.

„Wir sehen uns als Pioniere einer neuen Art der Mobilität – einer, die nicht nur dem Nutzer, sondern auch der Umwelt zugutekommt,“ sagt Terhardt. Dieses Konzept ist insbesondere für Städte interessant, die ihre nachhaltigen Verkehrslösungen ausbauen wollen. Die Idee, ein Fahrrad mehrmals in den Kreislauf zurückzuführen, ist nicht nur ein Verkaufsargument, sondern könnte bei Erfolg weitreichende Folgen für die gesamte Branche haben.

Erfolge und Praxistest: Das Plastik-Bike im Einsatz

Plas-Bike GmbH konnte bereits mehrere Projekte erfolgreich umsetzen. So wurde das Fahrrad in einer Kooperation mit der Stadt Köln als Teil eines Pilotprogramms für nachhaltige Mobilität in städtischen Gebieten eingesetzt. Innerhalb der ersten Monate war die Resonanz äußerst positiv: Stadtbewohner berichteten von der Leichtigkeit und Stabilität des Rads, das sich trotz seines unkonventionellen Materials angenehm fahren lässt.

Anton Höffer, ein unabhängiger Fahrradgutachter, nahm das Plastik-Bike kürzlich genauer unter die Lupe. Der Fachmann für Fahrradkonstruktionen hatte anfangs Zweifel, ob Kunststoff als Fahrradmaterial wirklich alltagstauglich sein würde. „Ich war skeptisch“, so Höffer, „vor allem hinsichtlich der Belastbarkeit und der Wetterbeständigkeit.“ Doch die Tests überraschten ihn: „Das Rad wiegt nur geringfügig mehr als ein klassisches Aluminium-Bike, und die Fahrstabilität ist beachtlich.“

Besonders beeindruckt zeigte sich Höffer von der Witterungsbeständigkeit des Kunststoffs. „Das Fahrrad stand wochenlang draußen, bei Regen und wechselnden Temperaturen – es zeigte keinerlei Anzeichen von Rost oder Beschädigungen“, berichtet er. Diese Erfahrungen machen das Plastik-Bike zu einem idealen Modell für Großstädte, in denen Fahrräder oft bei jedem Wetter draußen abgestellt werden.

Ein zukunftsweisendes Projekt mit Potenzial zur Skalierung

Plas-Bike GmbH plant bereits, das Konzept international auszubauen. Die Idee hat das Interesse mehrerer europäischer Städte geweckt, die ihre umweltfreundlichen Transportmöglichkeiten weiter ausbauen möchten. Langfristig sollen auch neue Modelle entwickelt werden, die für andere Zwecke als den Stadtverkehr geeignet sind, etwa für Langstrecken oder Tourismusgebiete.

Für Sven Terhardt und Frank Blase bleibt die Vision klar: „Wir wollen zeigen, dass Nachhaltigkeit und Qualität Hand in Hand gehen können.“ Der Anspruch der beiden Gründer ist es, eine Lösung anzubieten, die nicht nur Umweltbelastungen reduziert, sondern auch den Nutzern ein wartungsarmes, robustes und optisch ansprechendes Fahrrad bietet. Das Projekt vereint ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte auf eine Weise, die in der Mobilitätsbranche bislang selten ist. Ob sich das Plastik-Bike langfristig durchsetzt, bleibt abzuwarten, doch die Grundlagen für eine zukunftsfähige Alternative sind geschaffen.

Quellenangaben

  • Blase, F. & Terhardt, S. (2023). „Plastik-Bikes im Praxistest: Nachhaltigkeit im Stadtverkehr.“ [online] Verfügbar unter: https://www.fahrradmagazin.de/plastik-bike-praxistest
  • Höffer, A. (2023). „Kunststoff im Fahrradeinsatz: Praxistauglichkeit und Umweltaspekte.“ [online] Verfügbar unter: https://www.bikecheck.de/kunststoff-fahrrad-test
  • Terhardt, S. (2022). „Recycling und Kreislaufwirtschaft im Mobilitätssektor.“ [online] Verfügbar unter: https://www.greenmobility.de/kreislaufwirtschaft
  • Stadt Köln. (2023). „Pilotprojekt Plastik-Bike: Nachhaltige Mobilität in Köln.“ [online] Verfügbar unter: https://www.stadt-koeln.de/nachhaltige-mobilitaet

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