Vier-Tage-Woche in Island revolutioniert die Arbeitswelt: Die Erfolgsstory der Vier-Tage-Woche

Ein Land im Wandel: Arbeitszeit und Lebensqualität

Island, die kleine nordische Nation mit rund 380.000 Einwohnern, hat in den letzten Jahren weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Der Grund? Ein bahnbrechendes Experiment: die Einführung der Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Was auf den ersten Blick wie eine Utopie klingt, ist in Island Realität geworden – mit beeindruckenden Ergebnissen.

Das Problem: Überstunden, Stress und Burnout

Island war lange bekannt für eine der höchsten durchschnittlichen Wochenarbeitszeiten in Europa. Vor Einführung des Projekts arbeiteten isländische Angestellte durchschnittlich 40 Stunden pro Woche, oft auch länger. Diese Belastung wirkte sich negativ auf die Gesundheit der Arbeitnehmer aus: Stress, Burnout und eine schlechte Work-Life-Balance waren weit verbreitet. Die Produktivität litt ebenso wie das persönliche Wohlbefinden. Diese Probleme stellten nicht nur eine Herausforderung für die Arbeitswelt dar, sondern hatten auch gesellschaftliche und gesundheitspolitische Konsequenzen (Gíslason und Sverrisdóttir, 2021).

Der Weg zur Vier-Tage-Woche

Auf Initiative von Gewerkschaften und Arbeitsrechtsexperten beschlossen die Stadtverwaltung von Reykjavík und die isländische Regierung 2015, ein Experiment zur Verkürzung der Arbeitszeit zu starten. Das Ziel war ambitioniert: Die Wochenarbeitszeit sollte von 40 auf 35 oder 36 Stunden reduziert werden – ohne Gehaltseinbußen. Dieses Pilotprojekt umfasste rund 2.500 Beschäftigte, was etwa einem Prozent der isländischen Erwerbsbevölkerung entsprach. Teilnehmer kamen vorwiegend aus dem öffentlichen Sektor, darunter Kindergärten, Krankenhäuser und soziale Dienste (Haraldsson und Kellam, 2021).

Die Durchführung des Projekts wurde wissenschaftlich begleitet, um die Auswirkungen auf Produktivität, Zufriedenheit und Gesundheit zu analysieren. Dabei wurde besonders auf die Effizienzsteigerung in Arbeitsabläufen geachtet: Meetings wurden gekürzt, unnötige Bürokratie abgebaut und digitale Tools stärker genutzt.

Die Ergebnisse: Weniger Arbeit, mehr Produktivität

Die Auswertung der Studien zeigte durchweg positive Ergebnisse:

  1. Produktivität: Die meisten Unternehmen und Institutionen berichteten, dass die Produktivität konstant blieb oder sogar stieg. Mitarbeitende waren fokussierter und erledigten ihre Aufgaben in kürzerer Zeit. Effizientere Arbeitsmethoden führten dazu, dass weniger Zeit für dieselbe Arbeit benötigt wurde (Haraldsson und Kellam, 2021).
  2. Verbesserte Work-Life-Balance: Beschäftigte gaben an, dass sie mehr Zeit für Familie, Freunde und Freizeitaktivitäten hatten. Diese Verbesserung der Lebensqualität führte zu höherer Motivation und Zufriedenheit.
  3. Reduzierter Stress: Ein Großteil der Teilnehmenden berichtete von einer deutlichen Senkung des Stresslevels. Die Risiken für Burnout und andere stressbedingte Krankheiten nahmen ab (Gíslason und Sverrisdóttir, 2021).
  4. Gleichberechtigung: Die verkürzte Arbeitszeit erleichterte es insbesondere Frauen, Beruf und Familie besser miteinander zu vereinbaren, was langfristig zur Gleichstellung beiträgt.

Der internationale Erfolg: Ein Modell mit Vorbildfunktion

Das isländische Modell hat weltweit Beachtung gefunden. Länder wie Spanien und Neuseeland starteten ähnliche Pilotprojekte. In Spanien wird derzeit ein landesweites Experiment mit der Vier-Tage-Woche durchgeführt, an dem über 6.000 Beschäftigte beteiligt sind. In Neuseeland führte das Unternehmen Perpetual Guardian die Vier-Tage-Woche erfolgreich ein und berichtete von gesteigerter Produktivität und Zufriedenheit (Barnes, 2019).

Was Unternehmen und Staaten lernen können

Die isländische Erfahrung zeigt, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit nicht nur machbar ist, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll sein kann. Weniger Arbeitszeit bei gleichem Gehalt ist kein Verlustgeschäft, sondern ein Gewinn für alle Beteiligten – von der Gesundheit der Beschäftigten bis zur Effizienz der Unternehmen.

Island hat nicht nur gezeigt, dass die Vier-Tage-Woche funktioniert, sondern auch, dass sie einen Weg in eine zukunftsfähige Arbeitswelt ebnen kann.


Quellen

 

 

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