Das unausgesprochene Leid am Lebensende
In den letzten Lebensphasen stehen oft medizinische Aspekte im Vordergrund: Schmerzmanagement, körperliche Pflege und die Organisation des Abschieds. Doch was ist mit der emotionalen Dimension? Viele Menschen am Lebensende fühlen sich isoliert, unverstanden und kämpfen mit unausgesprochenen Ängsten und Gefühlen. Dieses emotionale Leid bleibt häufig unbeachtet, obwohl es einen erheblichen Einfluss auf die Lebensqualität in den letzten Tagen und Wochen hat.
Vor diesem Hintergrund entstand im Jahr 2016 die Fundación Arte Paliativo, gegründet von Silvia Fernández Cadevall (Fundación Princesa de Girona, o. D.). Die Idee für die Stiftung entwickelte sich aus ihrer Abschlussarbeit, in der sie die Möglichkeiten der Kunsttherapie zur Unterstützung von Menschen am Lebensende untersuchte. Fernández Cadevall, eine ausgebildete Kunsttherapeutin und klinische Forscherin, erkannte das immense Potenzial kreativer Ausdrucksformen, um emotionale Barrieren zu durchbrechen und Menschen in ihren letzten Lebensphasen zu begleiten.
Artepaliativo: Kunst in der Palliativmedizin
Artepaliativo hat sich seit seiner Gründung zu einer der bedeutendsten Kunsttherapie-Organisationen in Spanien entwickelt (F6S, o. D.). Die Stiftung arbeitet in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und sogar in den eigenen vier Wänden der Patienten. Durch individuelle Sitzungen oder Gruppenworkshops ermöglicht sie es den Teilnehmern, ihre Gefühle durch Malerei, Bildhauerei oder andere künstlerische Ausdrucksformen zu erkunden und zu verarbeiten.
Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Zusammenarbeit mit dem Hospital Clínic de Sant Antoni und dem Hospital Niño Jesús de Madrid, wo Artepaliativo spezielle Programme für pädiatrische Palliativpatienten entwickelt hat (Fundación Princesa de Girona, o. D.). Diese Initiativen bieten nicht nur den Patienten, sondern auch ihren Familien wertvolle Unterstützung in einer äußerst belastenden Zeit.
Die treibende Kraft hinter der Stiftung
Silvia Fernández Cadevall ist nicht nur die Gründerin, sondern auch das Herz von Artepaliativo. Mit einem Abschluss in Sozialpädagogik von der Universität Ramon Llull und einem Postgraduiertenstudium in klinischer Forschung an der Internationalen Universität von Katalonien bringt sie sowohl akademisches Wissen als auch praktische Erfahrung in ihre Arbeit ein (Fundación Princesa de Girona, o. D.). Ihre unermüdliche Hingabe und ihr innovativer Ansatz wurden mit mehreren renommierten Preisen ausgezeichnet, darunter der Preis des Colegio de Educadores Sociales de Catalunya und der Preis der Fundación MásHumano (Fundación Princesa de Girona, o. D.).
Die Wirksamkeit der Kunsttherapie im palliativen Kontext wird durch zahlreiche Studien und Praxisberichte untermauert. Ein Bericht des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) betont die Bedeutung von Musik- und Kunsttherapie bei der Aktivierung von Emotionen, Erinnerungen und der Förderung sozialer Verhaltensweisen (DIMDI, 2014).
Ein konkretes Beispiel aus der Praxis ist die Arbeit von Muntsa Molina Relea, einer Kunsttherapeutin, die in Berlin Trauernde durch kreative Prozesse unterstützt (Hospiz Aktuell, 2025). In Einzel- oder Gruppensitzungen können Betroffene durch Malen, Zeichnen oder Bildhauerei ihre Gefühle in einer sicheren Umgebung ausdrücken und verarbeiten.
Wenn Kunst Leben verändert
Die transformative Kraft der Kunsttherapie zeigt sich in vielen persönlichen Geschichten. Ein besonders bewegendes Beispiel ist das einer 45-jährigen Patientin, die wenige Tage vor ihrem Tod eine Abendsonne malte und danach äußerte, sie sei bereit zu gehen (Anthroposophische Kunsttherapie, o. D.). Solche Erfahrungen verdeutlichen, wie Kunst helfen kann, Frieden mit dem eigenen Schicksal zu schließen und unerledigte emotionale Angelegenheiten zu klären.
Artepaliativo in der Gemeinschaft
Die Arbeit von Artepaliativo beschränkt sich nicht nur auf die direkte Patientenbetreuung. Die Stiftung organisiert auch Workshops und Schulungen für Fachkräfte im Gesundheitswesen, um das Bewusstsein für die Bedeutung der emotionalen Betreuung am Lebensende zu schärfen (Instagram, 2025). Diese Bildungsinitiativen fördern eine ganzheitlichere Herangehensweise an die Palliativpflege und betonen die Rolle der Kunst als therapeutisches Werkzeug.
Mit der wachsenden Anerkennung der Bedeutung der emotionalen Betreuung am Lebensende plant Artepaliativo, seine Reichweite weiter auszubauen. Durch Partnerschaften mit weiteren Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen sowie die Entwicklung neuer Programme für verschiedene Patientengruppen strebt die Stiftung danach, noch mehr Menschen in ihren letzten Lebensphasen zu unterstützen.
Schlussgedanken
Die emotionale Dimension am Lebensende verdient ebenso viel Aufmerksamkeit wie die körperliche Pflege. Organisationen wie Artepaliativo zeigen, dass kreative Ausdrucksformen einen tiefgreifenden Einfluss auf das Wohlbefinden von Patienten haben können. Durch die Integration von Kunsttherapie in die Palliativpflege wird nicht nur das Leiden gelindert, sondern auch ein Raum für Ausdruck, Reflexion und letztendlich Frieden geschaffen.
Quellen
- Anthroposophische Kunsttherapie (o. D.). Onkologie und Kunsttherapie. Verfügbar unter: https://www.anthroposophische-kunsttherapie.de/images/pdf/Henn_Gruber_Onkologie.pdf [Zugriff am 2. März 2025].
- DIMDI (2014). Musiktherapie im palliativen Setting. Verfügbar unter: https://portal.dimdi.de/de/hta/hta_berichte/hta362_bericht_de.pdf [Zugriff am 2. März 2025].
- Fundación Princesa de Girona (o. D.). Sílvia Fernández Cadevall. Verfügbar unter: https://www.fpdgi.org/es/premiados/silvia-fernandez-cadevall/ [Zugriff am 2. März 2025].
- F6S (o. D.). Silvia Fernandez Cadevall | CEO at Artepaliativo | F6S Member Profile. Verfügbar unter: https://www.f6s.com/member/silvia-fernandez-cadevall [Zugriff am 2. März 2025].
- Hospiz Aktuell (2025). Kunsttherapie gegen Trauer: Neues Angebot der ZAH. Verfügbar unter: https://hospiz-aktuell.de/aktuelles/kunsttherapie-gegen-trauer-neues-angebot-der-zah [Zugriff am 2. März 2025].
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