Die Agroforstwirtschaft vereint ökologische Nachhaltigkeit, wirtschaftliche Tragfähigkeit und soziale Verantwortung. Sie ist eine Methode, die nicht nur Landnutzung revolutioniert, sondern auch dazu beiträgt, die Lebensgrundlagen künftiger Generationen zu sichern. Ein herausragendes Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung dieser Prinzipien ist der Betrieb Wilmsgärten nahe Berlin, unter der Leitung von María Giménez. Mit Leidenschaft, Mut und Innovationskraft hat sie ihren Betrieb zu einem Modell für die Landwirtschaft der Zukunft entwickelt.
Der Beginn: Inspiration und Herausforderung
María Giménez, ursprünglich Künstlerin, wagte vor einigen Jahren den Sprung in die Landwirtschaft, als ihr Schwiegervater Land in Brandenburg zur Verfügung stellte. Brandenburg, geprägt von ausgedehnten Sandböden und den Folgen des Klimawandels, ist eine Region, die in den letzten Jahren verstärkt unter Dürre leidet. Diese Herausforderungen machten es notwendig, innovative Ansätze zu entwickeln, um die landwirtschaftliche Produktion langfristig sicherzustellen.
Ihre erste Begegnung mit der Agroforstwirtschaft war eine Dokumentation auf Arte, die sie so inspirierte, dass sie begann, das Konzept auf die 240 Hektar Acker- und Grünlandflächen sowie 80 Hektar Forst des Betriebs anzuwenden. Die Vision: eine essbare Landschaft der Zukunft zu schaffen.
Die Umsetzung: Pionierarbeit im Agroforst
Die Transformation begann mit einfachen Systemen, wie der Anpflanzung von Pionierbaumarten wie Pappeln. Diese Bäume sind nicht nur kostengünstig und leicht zu pflanzen, sondern auch extrem anpassungsfähig. Ihre tiefen Wurzeln erschließen Wasserreserven, die anderen Pflanzen auf der Fläche zugutekommen. Ohne aufwendige Bewässerung oder Pflege entstanden innerhalb weniger Jahre Windschutzwände, die den Boden schützen, das Mikroklima verbessern und die Wasserspeicherfähigkeit der Flächen erhöhen.
Ergänzend dazu wurden Obst- und Nussbäume in strukturierten Mustern gepflanzt, wie beispielsweise „Obst-Baumreihe – Lücke – Obst-Baumreihe“. Dieses System reduziert Schädlingsbefall und erlaubt pestizidfreien Anbau. In den ersten Jahren war zwar eine Bewässerung notwendig, doch nach der Etablierungsphase entwickelten sich die Flächen zu stabilen, selbstregulierenden Systemen. Neben der verbesserten Bodenqualität entstanden Biotope, die eine hohe Insektenvielfalt fördern.
Ein zentrales Element war auch die Anpflanzung von Hecken rund um den Gemüsegarten. Diese Hecken schaffen Rückzugsräume für Nützlinge, was zu einem natürlichen Gleichgewicht zwischen Schädlings- und Nützlingspopulationen führte. Der Erfolg war schnell sichtbar: Bereits im zweiten Jahr nach der Einführung dieser Maßnahmen waren Schädlingsprobleme kaum noch vorhanden.
Die Rolle der Beratung und Wissensvermittlung
Ein wichtiger Partner bei der Einführung der Agroforstsysteme war der Berater Philipp Gerhard, ein Experte auf diesem Gebiet. Statt die Planung und Umsetzung vollständig zu übernehmen, verfolgte er einen Ansatz der „Hilfe zur Selbsthilfe“. Er zeigte María Giménez und ihrem Team, wie sie selbst Bäume einmessen und pflanzen können. Diese Herangehensweise half nicht nur, Kosten zu sparen, sondern vermittelte auch wertvolle Kenntnisse, die langfristig die Selbstständigkeit des Betriebs fördern.
Heute umfasst der Beratungsprozess mehrere Schritte:
- Betriebsanalyse: Zu Beginn wird der Betrieb gründlich analysiert, um die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen zu verstehen.
- Systemplanung: Gemeinsam mit dem Betrieb werden maßgeschneiderte Agroforstsysteme entwickelt, die ökologische, wirtschaftliche und soziale Ziele berücksichtigen.
- Schulung und Coaching: Landwirte werden geschult, um die Pflege und Bewirtschaftung der Systeme eigenständig durchführen zu können.
- Umsetzung: Die Systeme werden entweder in Eigenleistung oder mit professioneller Unterstützung umgesetzt.
Gerhard betont, dass Agroforstsysteme nicht nur als ökologisches Projekt verstanden werden dürfen. Sie müssen wirtschaftlich tragfähig sein und einen echten Mehrwert für die Betriebe schaffen. Seine Erfahrung zeigt, dass diese Systeme – wenn richtig geplant – langfristig eine rentable Einkommensquelle darstellen.
Wirtschaftliche Tragfähigkeit und soziale Verantwortung
Ein zentrales Anliegen von María Giménez ist es, zu zeigen, dass nachhaltige Landwirtschaft auch finanziell funktionieren kann. Der Betrieb Wilmsgärten finanziert sich ausschließlich durch die Erträge aus Gemüse, Obst, Nüssen, Kräutern, Blumen und anderen Produkten der Agroforstsysteme. Der Verkauf erfolgt direkt auf lokalen Märkten, wo der Dialog mit den Kunden eine entscheidende Rolle spielt.
„Die Geschichte hinter den Lebensmitteln zählt“, erklärt Jimenez. Die Menschen sollen verstehen, wie ihre Nahrung produziert wird und welche Werte dahinterstehen. Dieses Konzept hat nicht nur wirtschaftlichen Erfolg gebracht, sondern auch eine enge Bindung zwischen Produzenten und Konsumenten geschaffen.
Ziele und Visionen für die Zukunft
Für das Jahr 2040 hat María Giménez klare Ziele:
- Ertragsstarke Agroforstsysteme: Die diversen Baum- und Pflanzensysteme sollen stabile und hohe Erträge liefern.
- Fruchtbare Böden: Durch fluglosen Ackerbau und ganzjährige Bodenbedeckung soll eine dichte Humusschicht entstehen.
- Nachhaltige Viehhaltung: Die Integration von Rindern in die Bewirtschaftung soll die Bodenqualität weiter verbessern.
- Stabile Betriebsstruktur: Ein gutes Arbeitsklima und wirtschaftliche Stabilität bleiben zentrale Pfeiler des Betriebs.
Herausforderungen und Forderungen
Trotz der Erfolge bleibt die fehlende politische Unterstützung ein großes Hindernis. Während die EU jährlich Milliarden in die konventionelle Landwirtschaft investiert, fehlen Förderprogramme für innovative und nachhaltige Ansätze wie die Agroforstwirtschaft. Jimenez fordert, dass Landwirtschaftsämter als Anlaufstellen für Betriebe dienen und Agroforstsysteme als förderungswürdige Methode anerkennen.
Fazit: Eine essbare Landschaft als Vorbild
Die Arbeit von María Giménez und Wilmsgärten zeigt eindrucksvoll, wie Landwirtschaft ökologisch und ökonomisch transformiert werden kann. Agroforstsysteme bieten nicht nur eine Lösung für viele der drängenden Herausforderungen der Landwirtschaft, sondern auch ein Modell für eine resiliente und lebenswerte Zukunft. Dieses Beispiel sollte Landwirte, politische Entscheidungsträger und die Gesellschaft insgesamt dazu ermutigen, die Chancen der Agroforstwirtschaft zu nutzen und weiterzuentwickeln.
Quellen:
- ProSieben (n.d.) Maria Giménez und ihr nachhaltiges Projekt Wilmars Gärten. [Online]. Verfügbar unter: https://www.prosieben.de/serien/green-seven/videos/maria-gimenez-und-ihr-nachhaltiges-projekt-wilmars-gaerten-v_yxbawjaivunv [Zugriff am: 16 Jan. 2025].
- tipBerlin (n.d.) Gärten der Hoffnung: Wilmars Gärten von Maria Giménez. [Online]. Verfügbar unter: https://www.tip-berlin.de/essen-trinken/gaerten-der-hoffnung-wilmars-gaerten-von-maria-gimenez [Zugriff am: 16 Jan. 2025].
- Wilmars Gärten (n.d.) Linktree: Zugang zu Projekten und sozialen Medien. [Online]. Verfügbar unter: https://linktr.ee/wilmarsgaerten [Zugriff am: 16 Jan. 2025].
- YouTube (n.d.) Nachhaltige Landwirtschaft mit Herzblut – Maria Giménez. [Online]. Verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=MwN24PaNFBk [Zugriff am: 16 Jan. 2025].
guteideen.org © 2025 by Gute Ideen ist lizenziert unter CC BY 4.0 . Kurz erklärt: Nutze alles und verlinke auf diesen Artikel.