Weniger Autos auf deutschen Autobahnen – Wie sich der Verkehr verändert und was wir daraus lernen können

In den letzten Jahren wurde eine überraschende Entwicklung auf deutschen Autobahnen sichtbar: Trotz einer steigenden Zahl zugelassener Pkw nimmt der Autoverkehr ab. Zwischen 2019 und 2023 sank der Verkehr auf Autobahnen um sieben Prozent. Ein bemerkenswerter Wandel, der auf eine Kombination aus gesellschaftlichen Veränderungen, politischen Maßnahmen und gestiegenen Kosten zurückzuführen ist. Doch was genau steckt hinter diesem Trend? Und welche Rolle spielt der Thinktank Agora Verkehrswende bei der Analyse und Gestaltung der Mobilitätswende?

Die Ursachen für den Rückgang

Die neue Arbeitswelt: Homeoffice wird zum Standard

Die Corona-Pandemie hat das Arbeiten von Grund auf verändert. Viele Unternehmen mussten plötzlich auf Homeoffice umstellen, und zahlreiche Arbeitnehmer haben Gefallen daran gefunden. Auch nach der Pandemie ist Homeoffice für viele zur neuen Normalität geworden. Laut einer Erhebung des ifo Instituts arbeiteten im Jahr 2024 rund 25 Prozent aller Angestellten zumindest teilweise von zu Hause aus. Dies führte zu einer deutlichen Reduktion der Pendlerströme. Arbeitswege, die einst fester Bestandteil des Alltags waren, entfallen nun für Millionen Menschen. Weniger Pendler bedeuten automatisch weniger Verkehr – eine Entwicklung, die nicht nur Autobahnen, sondern auch Innenstädte entlastet hat (ifo Institut, 2024).

Das Deutschlandticket: Öffentlicher Nahverkehr als echte Alternative

Im Mai 2023 wurde in Deutschland das sogenannte Deutschlandticket eingeführt. Für nur 49 Euro monatlich können Bürgerinnen und Bürger den gesamten öffentlichen Nahverkehr bundesweit nutzen. Das Ticket machte Bus- und Bahnfahren so günstig und einfach wie nie zuvor und brachte viele Menschen dazu, vom Auto umzusteigen. Trotz anfänglicher Kritik und logistischer Herausforderungen hat das Ticket einen positiven Effekt auf die Verkehrszahlen. Besonders Pendler, die zuvor regelmäßig das Auto nutzten, greifen nun vermehrt auf Busse und Bahnen zurück. Der öffentliche Verkehr hat sich somit zu einer ernstzunehmenden Alternative entwickelt (Agora Verkehrswende, 2023).

Höhere Kosten für fossile Kraftstoffe

Ein weiterer Treiber für die Verkehrswende ist die steigende Belastung fossiler Brennstoffe durch die CO₂-Bepreisung. Seit der Einführung des nationalen Emissionshandels in Deutschland im Jahr 2021 hat sich der Preis für Diesel und Benzin sukzessive erhöht. Im Jahr 2024 zahlen Autofahrer für einen Liter Benzin oft deutlich über zwei Euro. Diese gestiegenen Kosten zwingen viele Autofahrer, sparsamer zu sein, Fahrgemeinschaften zu bilden oder gar auf das Auto zu verzichten. Die wirtschaftlichen Anreize spielen somit eine wichtige Rolle in der Verlagerung hin zu nachhaltigeren Verkehrsmitteln (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, 2024).

Agora Verkehrswende: Ein Thinktank gestaltet die Zukunft

Agora Verkehrswende ist eine unabhängige Denkfabrik mit Sitz in Berlin, die sich seit 2016 der Mobilitätswende verschrieben hat. Die gemeinnützige Organisation arbeitet daran, den Verkehr in Deutschland nachhaltiger, klimagerechter und effizienter zu gestalten. Dabei setzt das Team auf wissenschaftliche Analysen und konkrete Handlungsempfehlungen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Finanziert wird Agora Verkehrswende vor allem durch die Stiftung Mercator und die European Climate Foundation. Mit einem interdisziplinären Team von Verkehrsexperten, Stadtplanern und Ökonomen analysiert die Organisation komplexe Zusammenhänge im Mobilitätssektor und entwickelt Lösungen, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch tragfähig sind (Agora Verkehrswende, 2024).

Erfolgreiche Projekte von Agora Verkehrswende

Analyse der Verkehrsentwicklung

Eine der zentralen Studien des Thinktanks, „Wandel auf Straßen und Schienen: Verkehrsentwicklung in Deutschland 2019–2023“, analysiert, wie sich der Verkehr in Deutschland verändert hat. Die Ergebnisse belegen, dass politisch gesteuerte Maßnahmen und gesellschaftliche Trends maßgeblich das Mobilitätsverhalten beeinflussen können. Diese Erkenntnisse helfen Entscheidungsträgern, gezielt Maßnahmen zur Förderung des Umweltverbunds – bestehend aus öffentlichem Verkehr, Radverkehr und Fußverkehr – umzusetzen (Agora Verkehrswende, 2023).

Förderung des Radverkehrs

Neben Analysen engagiert sich Agora Verkehrswende auch praktisch. In Zusammenarbeit mit Städten und Gemeinden entwickelt der Thinktank Strategien, um den Radverkehr zu stärken. Dies reicht von der Konzeption sicherer Radwegenetze bis hin zur Beratung bei der Einführung von Lastenrad-Subventionen. Solche Maßnahmen fördern nicht nur die Verkehrswende, sondern stärken auch die Lebensqualität in Städten (Agora Verkehrswende, 2023).

Anekdoten aus der Praxis: Wie Städte die Wende schaffen

Berlin: Mehr Lebensqualität durch weniger Autos

In Berlin wurde der Autoverkehr durch eine Kombination aus neuen Radwegen, autofreien Zonen und dem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs um etwa zwölf Prozent reduziert. Bewohner berichten von sauberer Luft und weniger Lärm. Ein Pilotprojekt im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zeigte, dass autofreie Straßen nicht nur die Verkehrssicherheit verbessern, sondern auch das soziale Leben bereichern. Cafés und Restaurants konnten Außenflächen erweitern, Kinder nutzen die Straßen zum Spielen, und die Luftqualität hat sich messbar verbessert.

Hamburg: Erfolgreiche Umgestaltung des Verkehrsraums

Auch Hamburg hat die Verkehrswende erfolgreich vorangetrieben. Durch den Umbau von Hauptverkehrsachsen zugunsten von Radfahrern und Fußgängern sowie die gezielte Förderung des öffentlichen Nahverkehrs sank der Anteil des motorisierten Individualverkehrs in der Stadt von 36 auf 32 Prozent. Besonders die „Fahrradstadt Hamburg“-Initiative, die den Bau sicherer Radwege forcierte, wird von den Einwohnern geschätzt. Die Maßnahmen haben nicht nur den Verkehr sicherer gemacht, sondern auch die Lebensqualität spürbar gesteigert.

Fazit

Die Entwicklungen der letzten Jahre zeigen, dass eine Reduzierung des Autoverkehrs trotz steigender Pkw-Zulassungen möglich ist. Faktoren wie Homeoffice, das Deutschlandticket und steigende Kraftstoffpreise spielen dabei eine entscheidende Rolle. Organisationen wie Agora Verkehrswende tragen mit ihren Analysen und Projekten maßgeblich dazu bei, nachhaltige Mobilitätskonzepte zu entwickeln und umzusetzen. Die Beispiele aus Städten wie Berlin und Hamburg verdeutlichen, dass durch gezielte Maßnahmen eine Verkehrswende erreicht werden kann, die sowohl der Umwelt als auch der Lebensqualität der Menschen zugutekommt.

Quellenangaben

Agora Verkehrswende (2023) Weniger Autos auf deutschen Autobahnen: Verkehrsentwicklung in Deutschland 2019–2023. Available at: https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/wandel-auf-strassen-und-schienen-verkehrsentwicklung-in-deutschland-2019-2023/ (Accessed: 15 December 2024).

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2024) CO₂-Bepreisung fossiler Brennstoffe. Available at: https://www.bmwk.de (Accessed: 15 December 2024).

ifo Institut (2024) Homeoffice-Studie. Available at: https://www.ifo.de (Accessed: 15 December 2024).

Agora Verkehrswende (2024) Mobilitätswende und Klimaschutz. Available at: https://www.agora-verkehrswende.de (Accessed: 15 December 2024).

 

 

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