Zero-Waste-Baustellen durch modulare Bauweise: Die Zukunft des Bauens?

 

Die Bauindustrie gehört weltweit zu den größten Umweltverschmutzern und Ressourcenverbrauchern. Von der Förderung und Produktion der Baumaterialien bis hin zur Entsorgung und den Restabfällen auf Baustellen – der Bauprozess hinterlässt oft eine enorme Menge an Abfall und schadet der Umwelt erheblich. Studien zeigen, dass rund 30 Prozent aller produzierten Baumaterialien während des Bauprozesses verschwendet werden (BAMB, 2022). Diese Materialverschwendung trägt nicht nur zur Zerstörung von Ökosystemen bei, sondern erhöht auch die Baukosten und die Umweltbelastung erheblich. Es entsteht ein Teufelskreis: Die kontinuierliche Nachfrage nach Rohstoffen und Baumaterialien fördert den Raubbau an natürlichen Ressourcen, die Entsorgungskosten und die Belastung der Mülldeponien steigen stetig, und die Umwelt leidet zunehmend unter den Folgen der Bauaktivitäten.

Neben der ökologischen Herausforderung hat die konventionelle Bauweise auch negative soziale und gesundheitliche Auswirkungen. Hohe Lärm- und Staubbelastungen auf Baustellen gefährden nicht nur die Gesundheit der Bauarbeiter, sondern beeinflussen auch das Wohlbefinden von Anwohnern. Staub und Feinstaubemissionen erhöhen das Risiko für Atemwegserkrankungen, während der Lärmpegel nachweislich Stress und Schlafstörungen verursacht (Rabl, 2021). Die Bauindustrie steht daher vor einer dringenden Aufgabe: die Reduktion der Umweltbelastung und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

In dieser Situation bieten modulare Bauweisen eine vielversprechende Lösung. Diese Methode, bei der vorgefertigte Bauelemente auf die Baustelle geliefert und zusammengesetzt werden, reduziert den Abfall erheblich und minimiert die negativen sozialen und gesundheitlichen Effekte.

Die Idee der modularen Bauweise: Entstehung und Konzept

Das Projekt „Zero-Waste-Baustellen durch modulare Bauweise“ wurde von einer Gruppe nachhaltigkeitsorientierter Bauingenieure und Architekten ins Leben gerufen. Gegründet wurde es 2018 von Architektin Sarah Lehmann und Bauingenieur Markus Bergmann, die beide aus Deutschland stammen und nach vielen Jahren Erfahrung im konventionellen Bauwesen eine neue Richtung einschlagen wollten. Ihr Ziel war es, eine Bauweise zu etablieren, die nicht nur die Umwelt schont, sondern auch wirtschaftliche und soziale Vorteile mit sich bringt. Das Unternehmen, das sie gründeten – EcoModular GmbH – hat heute rund 50 Mitarbeiter und ist als GmbH in Berlin registriert.

Von Anfang an legte EcoModular großen Wert auf Partnerschaften mit Unternehmen, die faire Arbeitsbedingungen und umweltschonende Produktionstechniken fördern. Sie arbeiten eng mit Herstellern zusammen, die modulare Komponenten aus recyceltem Material oder nachhaltig angebautem Holz produzieren. Das Unternehmen kooperiert zudem mit Universitäten und Forschungseinrichtungen, um neue, noch umweltfreundlichere Baumaterialien zu entwickeln und Prozesse zu optimieren.

Die modularen Bauelemente werden unter kontrollierten Bedingungen in speziellen Fertigungshallen hergestellt, was nicht nur den Produktionsprozess effizienter macht, sondern auch die Materialabfälle drastisch reduziert. „Die Idee ist, den Bauprozess so weit wie möglich aus der Umwelt herauszulösen“, erklärt Sarah Lehmann. „Durch die Vorproduktion können wir eine deutlich präzisere Planung und Ausführung garantieren, die Materialverschwendung minimiert und Ressourcen spart.“ Die modulare Bauweise ermöglicht außerdem eine flexible Bauplanung: Die Module können einfach auf die Baustelle geliefert und zusammengesetzt werden, wodurch die Bauzeit erheblich verkürzt wird.

Erfolgreiche Umsetzungen: Wohnbauprojekte und urbane Gebäude

Eines der erfolgreichsten Projekte von EcoModular ist ein erschwingliches Wohnbauprojekt in Leipzig, das 2020 fertiggestellt wurde. Die modulare Bauweise ermöglichte den Bau von 100 Wohnungen in weniger als sechs Monaten – ein Rekord für ein Bauvorhaben dieser Größenordnung. Die Bewohner profitieren von nachhaltigen Baumaterialien und einem energieeffizienten Design, das die Heiz- und Stromkosten reduziert. Eine Bewohnerin berichtet: „Wir waren überrascht, wie schnell alles ging. Zudem ist es ein gutes Gefühl, in einem Haus zu wohnen, das nachhaltig gebaut wurde und Ressourcen schont.“

Ein weiteres bemerkenswertes Projekt fand in der Nähe von Berlin statt, wo EcoModular ein Bürogebäude mit einer Fläche von 2000 Quadratmetern errichtete. Dank der modularen Bauweise konnten die Arbeiten innerhalb von nur vier Monaten abgeschlossen werden. Die meisten Bauelemente wurden im Werk vorgefertigt und dann vor Ort zusammengesetzt, was den Baustellenlärm und -staub erheblich reduzierte. Anwohner, die anfangs skeptisch waren, äußerten sich später positiv über das Projekt. Ein Anwohner erinnerte sich: „Es war erstaunlich leise und sauber. Normalerweise ist eine Baustelle in der Gegend eine riesige Belastung, aber dieses Mal hat man fast nichts davon mitbekommen.“

Das Unternehmen setzt sich auch für die medizinische Sicherheit auf Baustellen ein. So haben sie spezielle Maßnahmen entwickelt, um den Lärm und die Staubentwicklung während des Aufbaus zu minimieren. Dazu gehören eine schallisolierte Bauweise der Module und ein System zur Staubreduzierung bei der Installation. Die Gesundheit der Arbeiter und die Lebensqualität der Anwohner stehen im Fokus.

Potenziale und Herausforderungen der modularen Bauweise

Die modulare Bauweise bietet nicht nur ökologische Vorteile, sondern reduziert auch die Baukosten erheblich, da weniger Arbeitsstunden und Ressourcenaufwand notwendig sind. Gleichzeitig bleibt die Flexibilität in der Gestaltung erhalten – von kleinen Wohnhäusern bis zu großen Bürokomplexen ist alles möglich. Besonders im Bereich des sozialen Wohnungsbaus könnte die modulare Bauweise helfen, schnell und kostengünstig Wohnungen für bedürftige Familien zu schaffen.

Eine Herausforderung besteht jedoch in den derzeitigen Bauvorschriften, die oft noch auf traditionelle Bauweisen ausgelegt sind und modulare Projekte teilweise behindern. EcoModular arbeitet jedoch eng mit der Politik und verschiedenen Verbänden zusammen, um die gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen und modulare Bauweisen in den Bauvorschriften zu verankern.

Fazit: Die Zukunft der nachhaltigen Bauweise?

EcoModular und ihre „Zero-Waste-Baustellen durch modulare Bauweise“ zeigen, dass Bauen auch umweltschonend, sozial gerecht und wirtschaftlich effizient sein kann. Die Ergebnisse der bisherigen Projekte sprechen für sich und haben das Potenzial, die Bauindustrie nachhaltig zu verändern. Die modulare Bauweise könnte der Schlüssel sein, um die Baustellen der Zukunft zu gestalten: effizient, umweltfreundlich und sozial verträglich.

Quellenangaben

BAMB (2022). Bauabfall- und Materialbilanzreport: Analyse und Reduktion von Bauabfällen. [online] Available at: https://www.bamb2022.eu

Rabl, A. (2021). Feinstaub und Lärm: Gesundheitliche Auswirkungen auf Baustellen. Umweltmedizinsche Studien, 29(4), pp. 112-120. [online] Available at: https://umweltmed.de/studien/baustellen-feinstaub-laerm

Baustoff Recycling Schweiz (2020). Recycling und Wiederverwendung von Baumaterialien: Potenziale und Herausforderungen. [online] Available at: https://baustoffrecycling-schweiz.ch/dokumente/recycling-baumaterialien

World Green Building Council (2023). Green Building: A Path to Sustainable Construction. [online] Available at: https://www.worldgbc.org

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